Was verstehen wir unter Selbstbehauptung für Jungen*?
Mit Selbstbehauptung ist nicht die klassische Selbstverteidigung gemeint. Unter der Begrifflichkeit Selbstverteidigung werden im Allgemeinen Aktionen und Reaktionen unter deutlicher Einbeziehung körperlicher Maßnahmen verstanden. Selbstbehauptung hingegen konzentriert auf Wahrnehmungen im sozialen und emotionalen Bereich, die im Zuge eskalierender, bedrohlicher Situationen hilfreich zur persönlichen "Lösung" und bereits im Vorfeld dienlich sind und zur Verfügung stehen. Ziel ist es, den Jungen ein größeres Verhaltensrepertoire anzueignen, um in bedrohlichen Situationen mit Hilfe einer größeren selbstsicheren Haltung erweiterte Lösungskompetenzen einzubringen (Eigenschutzkonzept). Sich eben deutlicher, sichtbarer behaupten sowie abgrenzen zu können. Es erscheint sinnvoll und konstruktiv, Jungen* im Rahmen von geschlechtshomogenen Maßnahmen alternative Handlungsmöglichkeiten erfahren zu lassen, um solchen Situationen mit neuem gewaltfreierem männlichen Handlungsrepertoire zu begegnen sowie gesunde Lösungen anzuregen und zu fördern. Somit verfolgt ein solches Kursangebot neben dem Eigenschutz auch gleichzeitig identitätsbildende Elemente und dient aus dieser Perspektive heraus der persönlichen Bildung eines jeden einzelnen im Bereich seiner sozialen Kompetenzen.
Auch Jungen* für ihre Opfererfahrungen einen Raum zu geben und sie nicht ausschließlich mit der Täteridentität im männlichen Rollensystem zu konfrontieren heißt, diese Erfahrungen aus der Tabuecke zu lösen: Opfererfahrung ist Bestandteil männlicher Sozialisation und ihre Reflexion wirkt entlastend!
Angebote zur Selbstbehauptung sind Bildungsmaßnahmen im Arbeitsfeld der sozialen Kompetenzen. Sie dienen in erster Linie zur Sensibilisierung der eigenen Wahrnehmung sowie der Befindlichkeit anderer. In der Verknüpfung von Übungen / Spielen und Gesprächen in vertrauensvoller Atmosphäre erleben Jungen zum einen Solidarität und erfahren zum anderen, dass sie mit ihren emotionalen Bedürfnissen und Nöten unter Jungen* nicht alleine sind. Das Thema Männlichkeit wird auf allen Ebenen eingeflochten, um die Jungen nachvollziehen zu lassen, in welchen Momenten sie auf welche Weise von (stereotypen) Männlichkeitsbildern beeinflusst werden.
Zu den Zielen:
Reflexion und Bewußtwerdung von alternativen Handlungs- und Lösungsmöglichkeiten in für sie bedrohlichen Situationen.
Stärkung des Eigenschutzes
Das Gefühl Angst als konstruktive, produktive Wahrnehmung entdecken.
Selbstfürsorge stärker in den eigenen Blick nehmen.
Sensibilisierung von Körperwahrnehmungen und Körpersprache fördern.
Entwicklung von Selbstbehauptungsstrategien stärken und erproben.
Erlernen von Techniken, um eigene Grenzen deutlicher nach außen sichtbar zu und vertretbar machen.
Unversehrtheit des eigenen Körpers als wertvolles Gut erkennen.
Erprobung von alternativen Begegnungsformen zwischen Jungen*, um dem Bedürfnis nach Körperkontakten gerecht zu werden.
Zu den Themen:
Schulung der Selbstwahrnehmung von Körper, Kraft, Gefühlen, Stimme, eigenen Grenzen
Förderung der Selbstsicherheit in der Kommunikation durch Reflektion des eigenen Sprachverhaltens, Gestik / Mimik, Körperausdruck
Erarbeiten von alternativen Konfliktlösungsmodellen (z.B. "Hilfe holen")
Eigenschutz ernst(er) nehmen
Das persönliche Gewaltverständnis sensibilisieren und gegebenfalls hinterfragen
Beschreibung und Austausch zu den Erfahrungen von TäterSein / OpferSein
Zivilcourage als Stichwort zum solidarischen Handeln (unter Jungen)*. Wie kann ich anderen helfen ohne selber in Gefahr zu raten? Arbeit an der männlichen Identität und Rollenvorstellungen z.B.: Was bedeutet für mich "HeldSein"? Wie kann ich mir mein "JungeSein" beweisen ohne das ich und/oder andere darunter leiden? Was ist feige/mutig?
Bei Interesse werden auch Aufbaukurse zum Thema Selbstbehauptung durchgeführt.
Hinweis zu einem aktuellem Kursangebot im Raum München: --> Seit dem Schuljahr 2010/2011 wird ein weiteres schulumfassendes, gewaltpräventives Bildungskonzept zum Thema "Respekt, Schutz & Selbstbehauptung" für Schüler*innen abwechselnd an Münchner Grundschulen u.a. in den Stadtteilen Neuperlach, Hasenbergl sowie Blumenau durchgeführt. Die dreitägigen Kurse werden regelmäßig in allen Klassen als integrierte Unterrichtseinheiten für Mädchen* & Jungen* angeboten. Veranstalter und Kooperationspartner ist Wildwasser- München e.V.. mannigfaltig ist für das Bildungskonzept der Jungen verantwortlich. Konzeptinfo & "Selbstbehauptungsinfo Jungen" zur Veranstaltungsreihe. Dieses Schulprojekt läuft seit dem Jahre 2010 regelmäßig an Münchner Brennpunktschulen und wird vom Jugendamt der Landeshauptstadt München finanziell getragen
Derzeit werden ausschließlich geschlossene Bildungsangebote veranstaltet. Bitte uns bei Bedarf direkt kontaktieren!
MULTIPLIKATOR_INNEN: Gewaltpräventionsprojekte (geschlechtsspezifisch Ansatz) an Schulen : LehrerInnenfortbildung, Elterninformationsabend, pädagogisches Trainingspogramm für die SchülerInnen, Elterninfo/-beratung und LehrerInnenfeedback.
Z.B. in Norddeutschland in bewährter Kooperation mit wildrosenrot - Lebenskraftstärkende Seminare für Frauen und Mädchen. In der Zusammenarbeit mit wildrosenrot ist mittlerweile ein pädagogischen Modell für die Arbeit an Schulen mit dem Titel "Sozialkompetenz & Prävention" konzipiert worden. Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung!
Hinweis: In der "Tageszeitung" (taz), Ausgabe vom 26.06.2007 ist ein Artikel über die pädagogische Arbeit der Kollegen von mannigfaltig, Institutsbüro Hannover, zu Jungenarbeit veröffentlicht. Bei Interesse hier der Link zur taz.